Frankfurt am Main (MH) – Standing Ovations für das Budapest Festival Orchestra: Bei ihrem einzigen Deutschlandkonzert wurden die Musiker und ihr Chefdirigent Iván Fischer am Dienstagabend vom Publikum in der Alten Oper Frankfurt gefeiert.
Wegen aggressiver Etatkürzungen hatte der ungarische Weltklasse-Klangkörper Konzerte in Budapest und Europa absagen müssen. Nichts Neues in Viktor Orbáns Land: Immer wieder werden Künstler wie Fischer gemaßregelt, wenn sie sich lautstark gegen revisionistischen Nationalismus und gegen die Einschränkung der Bürgerrechte verwahren. Vielleicht spielt auch eine Rolle, dass Iván Fischer seit 2014 in ungarischen Synagogen musiziert, um ein Ausrufezeichen gegen Antisemitismus zu setzen.
Daraufhin hatte Iván Fischer "an die Musikliebhaber in der ganzen Welt appelliert, dass sie mithelfen, dieses wunderbare Orchester zu beschützen und zu erhalten." Seinem Aufruf waren in Frankfurt viele Menschen gefolgt und hatten sein Gastspiel besucht. Und sie wurden belohnt: Gleich die eingangs frisch und unverbraucht intonierte Ouvertüre von Franz Schubert zum Melodram "Die Zauberharfe" bezauberte den Saal. Wie immer bei Fischer sprang die unkonventionelle Orchesteraufstellung ins Auge. Die sechs Kontrabässe platzierte er auf einem Podium hinter dem Orchester. Anschließend setzte er die Harfenistin in Béla Bartóks zweitem Violinkonzert direkt vor sein Dirigentenpult, während er nach der Pause bei Bartóks "Ungarischen Skizzen" und Schuberts 5. Sinfonie die Holzbläser im innersten Halbrund präsentierte.
Ergebnis: Selten hat man den lebendigen Dialog zwischen Harfe und Solo-Violine deutlicher vernommen, selten den aufregenden Anteil von Oboe und Querflöte in Schuberts Meisterwerk klarer empfunden. Mit Leonidas Kavakos trat ein Künstler auf, dem es gelang, das immens Vielschichtige von Bartóks Violinkonzert zu unterstreichen. Mit untrüglich sicherem Gehör, uneitler Pose und rasanter Fingerfertigkeit zeigte der griechische Virtuose feinstes Gespür für die Eigenarten von Bartóks Stil und Rhythmik. Überrascht registrierte er den Zwischenapplaus zwischen den Sätzen, ohne wissen zu können, dass gerade bei den Jugendabo-Konzerten junge Besucher ihre Begeisterung zeigen, die die bürgerlichen Verbotsregeln noch nicht verinnerlicht haben. Als die Budapester Musiker sich am Ende zum Fischerchor versammelten und mit himmlischer Wärme Franz Schuberts "Chor der Engel" als Zugabe kredenzten, erhob sich das Publikum von den Sitzen. Ein Zeichen tiefen Respekts in politisch stürmischer Zeit.
(Von Bettina Boyens)
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