Bregenzer "Carmen" im Gewitter: Opernpremiere mit ungeplanten Spezialeffekten

19. Juli 2017 - 23:55 Uhr

(Korrespondentenbericht)

Bregenz – Mittwochabend in Bregenz, die Bühne ist bereit für die erste Aufführung von Georges Bizets Oper "Carmen". Doch eine knappe Stunde vor Beginn der Premiere ziehen dunkle Wolken auf, die starken Wind, Regen und Gewitter mit sich bringen. Beim ersten Kuss auf der bekannten Seebühne im Bodensee – zwischen Micaela und Don José – liefert ein hell aufleuchtender Blitz einen ungeplanten Spezialeffekt. Die Zuschauer, die den Opernklassiker bei den Bregenzer Festspielen genießen wollen, brauchen an diesem Abend vor allem zwei Dinge: Gelassenheit und eine gute Regenjacke.

"Carmen"

"Carmen"

Es ist nicht das erste Mal, dass die Bregenzer Festspiele die Oper auf der Seebühne zeigen: 1991/92 sorgte das Stück von Bizet (1838-1875) bereits für volle Zuschauerränge. Daran wollen die Veranstalter auch in diesem Jahr anknüpfen – und setzen bei der Inszenierung auf Kasper Holten. Der aus Dänemark stammende Regisseur zeigt eine Carmen, die früh gelernt hat, dass sie vor allem stark und unabhängig sein muss, um zu überleben. Der Inhalt der Oper dreht sich um leidenschaftliche Liebe, um Eifersucht und die Frage nach Verhängnis oder Schicksal: Carmen verliebt sich in den Sergeant Don José und treibt ihn im Laufe des Stücks immer weiter in den Untergang – bis hin zum verzweifelten Mord, den er an ihr begeht.

Bei der Uraufführung 1875 in Paris kam Bizets Geschichte um die starke, freiheitsliebende Carmen nicht gut an. Erst später setzte sich das Werk durch, heute gehört es zu den meistgespielten Stücken – es gibt inzwischen Carmen-Filme, Ballett, ein Theaterstück und sogar eine Parodie von Charlie Chaplin. Auch die Arien der Oper sind längst einem großen Publikum bekannt und haben Ohrwurm-Qualität – begleitet werden sie in Bregenz von den Wiener Symphonikern.

Das Bühnenbild für "Carmen" hat Es Devlin entworfen. Die Engländerin ist eine erfahrene Opern-Gestalterin – in ihrem Lebenslauf listet sie unter anderem die Metropolitan Opera in New York auf. Am österreichischen Bodenseeufer bleibt die 45-Jährige auf den ersten Blick aber bescheiden: Für "Carmen" hat sie zwei riesige Hände gestaltet, die Spielkarten durch die Luft werfen. Zum Vergleich: Bei der vorherigen Oper "Turandot", die 2015 und 2016 gezeigt wurde, war die Bühne in einen imposanten Abschnitt der Chinesischen Mauer verwandelt worden.

Doch die Schlichtheit trügt: Die zum Teil mehr als 20 Meter hohen Karten, von denen einige in der Luft hängen und andere den Boden der Bühne bilden, bieten viel Spielraum für die Inszenierung. Mitunter seilen sich Figuren von ihnen ab, es werden Videosequenzen darauf projiziert, einmal scheint ihre Farbe zu verlaufen, als es auch innerhalb der Geschichte zu regnen beginnt. Und was wohl auch nur bei einer Aufführung auf der Seebühne möglich ist: Am Ende der Oper ersticht der verzweifelte Don José seine Carmen nicht – er ertränkt sie im Bodensee, auf einem Teil der Bühne, der sich unter die Wasseroberfläche senkt.

Rund vier Wochen lang ist die Oper nun am Bodensee zu sehen – auf die Zuschauerränge passen pro Vorstellung fast 7.000 Besucher. Die Karten für das Stück sind nach Angaben der Veranstalter allerdings bereits ausverkauft. Die Bregenzer Festspiele laufen bis zum 20. August.

(Von Kathrin Drinkuth, dpa/MH)

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