SWR hält an Dirigent François-Xavier Roth fest

16. Juli 2024 - 13:26 Uhr

Stuttgart/Berlin (MH) – François-Xavier Roth soll trotz Vorwürfen der sexuellen Belästigung von Musikerinnen und Musikern neuer Chefdirigent des SWR Symphonieorchesters werden. Dem Südwestrundfunk lägen keine Beschwerden von Mitarbeitern gegen den 52-Jährigen vor, teilte der Sender am Dienstag mit. Eine interne Prüfungskommission habe Roths Amtszeit als Chefdirigent des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg (2011 bis 2016) sowie dessen Gastdirigate beim SWR Symphonieorchester 2020 und 2022 untersucht.

François-Xavier Roth

François-Xavier Roth

Gleichwohl empfahl die Beschwerdestelle nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) präventive Maßnahmen, die ein Fehlverhalten des Dirigenten künftig ausschließen und die Mitarbeiter schützen sollen. Der SWR prüfe derzeit unter anderem Änderungen in der Kompetenz-, Funktions- und Rollenverteilung im Orchester, Schulungen zur Sensibilisierung und Aufklärung sowie die Etablierung einer Vertrauensperson.

Der SWR und Roth hätten sich auf Regularien zum Schutz der Mitarbeiter verständigt, hieß es. Bei Verstößen des Dirigenten behalte der Sender sich das Recht vor, die Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung zu beenden.

"Nach eingehender Prüfung und vielen vertrauensvollen Gesprächen mit den Musikerinnen und Musikern im Orchester genauso wie mit François-Xavier Roth bin ich überzeugt, dass wir eine Entscheidung getroffen haben, die den Werten des SWR entspricht", erklärte Anke Mai, SWR Programmdirektorin Kultur, Wissen und Junge Formate. Zu diesen Werten zählten Vertrauen, Respekt und menschliches Miteinander. Sexuelle Übergriffigkeit, jede Art von Diskriminierung oder Machtmissbrauch hätten im SWR keinen Platz und würden nicht toleriert.

Sie stehe dafür ein, dass die Menschen im SWR angstfrei arbeiten können und Vertrauen zu ihren Vorgesetzten haben, betonte Mai. "Mir ist aber auch wichtig, dass Menschen eine zweite Chance erhalten, wenn sie ein Fehlverhalten eingestehen und Konsequenzen daraus ziehen. Ich habe großes Vertrauen in François-Xavier Roth, dass er die Werte des SWR anerkennt und lebt und dass wir gemeinsam diesen Weg gehen können."

Roth betonte, er sei sich der besonderen Verantwortung bewusst, die er als Chefdirigent gegenüber allen Mitgliedern des Orchesters trage. "Ich sehe ein, dass ich in der Vergangenheit im Umgang mit Musikerinnen und Musikern Fehler gemacht habe. Dies war unangemessen. Es war jedoch niemals meine Intention, jemanden in irgendeiner Form zu verletzen. Ich verstehe, dass ich die in mich gesetzten Erwartungen nicht erfüllt habe, und möchte an dieser Stelle all jene um Entschuldigung bitten, die ich verletzt und enttäuscht habe."

Er arbeite bereits geraume Zeit mit externer Hilfe an sich selbst. Ende Mai hat Roth seine Dirigiertätigkeit vorübergehend eingestellt. Seitdem widme er sich noch intensiver der persönlichen Entwicklung und der Verbesserung seines Führungsstils, "damit sich derartige Fehler nie wiederholen werden". Sein erklärtes Ziel sei, allen Orchester- und Managementmitarbeitern ein sicheres Arbeitsumfeld zu gewährleisten, das von einer positiven Atmosphäre für jede und jeden geprägt ist. "Ich werde alles dafür geben, dass unsere gemeinsame Kreativität und die Liebe zur Musik im Mittelpunkt unseres Schaffens stehen und durch das SWR Symphonieorchester zum Strahlen gebracht werden", betonte Roth.

Der 52-jährige Franzose übernimmt zur Spielzeit 2025/26 die Nachfolge von Teodor Currentzis, dessen Vertrag im Sommer 2024 endet. Seit 2015 war Roth Generalmusikdirektor der Oper Köln und Kapellmeister des Gürzenich-Orchesters. Anfang Juli beendeten die Stadt Köln und der Dirigent ihre ursprünglich bis Sommer 2025 vereinbarte Zusammenarbeit "in gegenseitigem Einvernehmen".

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(wa)

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