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Berlin – Die Projekte "Zukunftslabor" der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und "Musikalische Grundschule" der Bertelsmann Stiftung erhalten den diesjährigen ECHO Klassik in der Kategorie Nachwuchsförderung. Das gab die Deutsche Phono-Akademie, das Kulturinstitut des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI), am Donnerstag in Berlin bekannt. Mit Sonderpreisen werden das Israel Chamber Orchestra unter Roberto Paternostro und der Thomanerchor Leipzig ausgezeichnet.
Mit den beiden Nachwuchs-Projekten freue man sich, "zwei außergewöhnliche Engagements in dieser Kategorie ehren zu können", erklärte BVMI-Geschäftsführer Florian Drücke. Mit ihrem langjährigen Einsatz für nachhaltige Musik- und Kulturförderung leisteten die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen und die Bertelsmann Stiftung "einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Bildung in Deutschland".
Das Israel Chamber Orchestra und der Thomanerchor zeigten das Potential der Musik, Brücken zwischen den Menschen zu bauen. Es verdiene "höchsten Respekt", wie die Ensembles sich in zukunftsweisenden Projekten "musikalisch mit Themen wie Integration, Grenzüberschreitung und Toleranz auseinandersetzen", sagte Drücke.
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen verlegte 2007 ihren Proben- und Konzertraum in die Gesamtschule Bremen-Ost. In ihrem "Zukunftslabor" zeigen die Musiker verschiedene Konzepte, wie kulturelle Bildung nachhaltig in die Gesellschaft integriert werden kann. Ihr Ziel ist, das Potential jedes einzelnen Schülers zu fördern, unabhängig von sozialer oder nationaler Herkunft.
Das Zukunftslabor zeige, "dass klassische Musik die Kraft hat, eine Gesellschaft zu verändern", begründete die Jury ihre Entscheidung. In einer ersten Reaktion äußerte sich die Kammerphilharmonie "hocherfreut, dass unsere Arbeit auf diese Art gewürdigt wird", sagte Pressesprecherin Andrea Katzmarczyk dem Nachrichtenmagazin musik heute. Die neueste Produktion des Zukunftslabors, die Stadtteil-Oper "Iolanta" mit 300 Bremer Schülern, hatte am Donnerstag Premiere.
Das seit 2005 bestehende Projekt "Musikalische Grundschule" will mit Musik in den Unterricht aller Fächer hineinwirken und Musik zum Lernprinzip und Gestaltungselement im gesamten Schulalltag machen. Mit dem Hessischen Kultusministerium entwickelt, ist das Konzept an rund 100 Grundschulen des Landes im Regelbetrieb. Bundesweit gibt es knapp 300 "Musikalische Grundschulen" in Berlin, Thüringen, Niedersachsen und Bayern.
"Die Organisation und Führung durch die Bertelsmann Stiftung sichert diese Entwicklung in den Grundschulen und die Nachhaltigkeit dieser Fördermaßnahme", hieß es in der Jurybegründung. Die Auszeichnung mit dem ECHO "steht stellvertretend für die großartige Arbeit all der 'Musikalischen Grundschulen' und der engagierten Lehrkräfte in den beteiligten Bundesländern", erklärte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, Liz Mohn.
Der Thomanerchor Leipzig feiert in diesem Jahr sein 800-jähriges Jubiläum. Im Zentrum seines breitgefächerten Repertoires stehen traditionell die Werke von Johann Sebastian Bach. Seit 1992 wird der Knabenchor von Georg Christoph Biller, als 16. Thomaskantor nach Bach, geleitet. Der von Biller gegründete Bildungscampus "Forum Thomanum" will unter dem Motto "glauben singen lernen" die Zukunft des Chores sicherstellen.
Gleichzeitig soll die Thomasschule Leipzig als internationale führende Schule mit dem Schwerpunkt Musik weiter etabliert werden. "In einem an Veranstaltungen, Ereignissen und Höhepunkten wahrlich reichen Festjahr '800 Jahre Thomaner' ist der ECHO Klassik Sonderpreis für den Thomanerchor Leipzig das gern beschworene Sahnehäuptchen", sagte der Geschäftsführer des Chores, Stefan Altner, auf Anfrage.
Entgegen vieler kritischer Stimmen spielte das Israel Chamber Orchestra 2011 – als erstes israelisches Orchester überhaupt – am Rande der Bayreuther Festspiele Musik von Richard Wagner. Dessen Werke waren in der Ideologie der Nationalsozialisten von großer Bedeutung. Mit der Entscheidung, Wagners Musik (das "Siegfried-Idyll") in Bayreuth zu spielen, sei es dem Israel Chamber Orchestra und seinem künstlerischen Leiter Roberto Paternostro gelungen, Grenzen zu überwinden und eine Brücke zum Dialog zu schlagen. Für diesen Aufruf zur Gemeinsamkeit verleihe ihnen die Jury den Sonderpreis. "Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung und sind überzeugt davon, dass Musik Brücken bauen kann", sagte der Wiener Dirigent diesem Magazin am Freitag.
Der ECHO Klassik 2012 wird in 21 Kategorien verliehen. Als Nachwuchskünstler werden Anna Prohaska (Sopran), Khatia Buniatishvili (Klavier), Miloš Karadaglić (Gitarre), Julian Steckel (Violoncello) sowie der Dirigent Vasily Petrenko ausgezeichnet. Weitere Preisträger sind unter anderem Daniel Barenboim (Lebenswerk) und David Garrett (Bestseller des Jahres). Die Preisverleihung findet am 14. Oktober im Konzerthaus Berlin statt. Moderatoren der Gala, die am selben Abend im ZDF übertragen wird, sind Nina Eichinger und der mexikanische Tenor Rolando Villazón.
(wa)
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