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Berlin – Die Berliner Philharmoniker haben sich nach mehr als elfstündigen Beratungen nicht auf einen neuen Chefdirigenten geeinigt. Trotz mehrerer Wahlgänge seien die 123 anwesenden Orchestermitglieder "leider zu keinem Ergebnis gekommen", sagte Orchestervorstand Peter Riegelbauer am Montagabend. Bei der Suche nach einem Nachfolger für Sir Simon Rattle wolle man nun innerhalb eines Jahres einen neuen Anlauf unternehmen.
Bei den Diskussionen sei es vor allem um die künftige Ausrichtung des Orchesters gegangen. Es habe dazu "ganz grundsätzlich unterschiedliche Positionen gegeben", erklärte Riegelbauer. Der Orchestervorstand nannte die Debatten "konstruktiv", sie seien "in kollegialer, freundschaftlicher Atmosphäre" verlaufen. Während der Diskussionen seien keine Kontakte zu möglichen Kandidaten aufgenommen worden. "Telefonieren war absolut tabu."
Bis zur neuen Wahl wolle das Orchester nun die interne Diskussion über Kandidaten und die Zukunft des Ensembles weiterführen. Er hoffe, dass alle Dirigenten, die im Gespräch gewesen seien, weiter mit dem Orchester zusammenarbeiteten. Namen nannte Riegelbauer nicht. Der Posten an der Spitze des Elite-Orchesters gilt als eine der begehrtesten Aufgaben in der Musikwelt.
Im Gespräch für die Leitung der Philharmoniker waren unter anderem die Dirigenten Andris Nelsons, Chef des Boston Symphony Orchestra, Christian Thielemann, Leiter der Staatskapelle Dresden, und Daniel Barenboim, Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper.
Unter den Traditionalisten im Orchester gab es viel Unterstützung für Thielemann (56). Der gebürtige Berliner gilt als Konservativer mit einem starken Hang zum romantischen, deutschen Repertoire und Komponisten wie Richard Wagner, Johannes Brahms und Anton Bruckner. Dagegen gilt der 36-jährige Nelsons, ebenfalls einer der Favoriten, als experimentierfreudiger Erneuerer.
Rattle hatte 2013 angekündigt, dass er seinen Vertrag über das Jahr 2018 nicht verlängern wolle. Der Brite ist seit 2002 im Amt. 2017 tritt er als Chefdirigent des London Symphony Orchestra an und will dann ein Jahr lang zwischen Berlin und London pendeln.
Das 1882 gegründete Orchester wird vom Land Berlin subventioniert, gilt aber in seinen Entscheidungen als weitgehend unabhängig. Das Recht auf Selbstverwaltung wurde 1952 festgeschrieben.
(dpa/MH)
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