Feldherr, Priester, Superstar: "Germanicus"-Ausstellung parallel zur Opernpremiere

20. Juni 2015 - 11:39 Uhr

Bramsche – Im Osnabrücker Theater feiert am (heutigen) Samstag die verschollen geglaute Oper "Germanicus" von Georg Philipp Telemann Premiere. Am gleichen Tag eröffnet im nahegelegenen Bramsche im Museum und Park Kalkriese eine Ausstellung über den römischen Feldherrn. Mit Morden, Intrigen, Propagandalügen zeigt die Schau ein Stück Gesellschafts- und Politikgeschichte der Römer und zieht Parallelen zur heutigen Zeit.

Varusschlacht Knochengruben

Varusschlacht Knochengruben

Vor 2000 Jahren soll Germanicus den Ort der Varusschlacht aufgesucht haben. Dort hat er die Überreste der gefallen römischen Soldaten in einem Massengrab beerdigt. Alte Knochen daraus sind ebenso in der Ausstellung zu sehen wie hochkarätige und wertvolle Leihgaben aus dem Louvre in Paris, dem British Museum in London und der Glyptotek in Kopenhagen.

Im Jahre 9 wurden die römischen Legionen unter dem Feldherrn Varus vernichtend geschlagen. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass die Schlacht im Teutoburger Wald in Kalkriese stattgefunden hat. "Die Römer wollten das Rad der Geschichte wieder zurückdrehen", sagt Stefan Burmeister, Kurator der Ausstellung "Ich Germanicus! Feldherr. Priester. Superstar." Nachdem aber der von Kaiser Tiberius entsandte Feldherr Germanicus die germanischen Truppen nicht schlagen konnte, seien die Römer machtlos und darauf bedacht gewesen, die Grenze zu konsolidieren, so Burmeister. Erstaunlicherweise hat Germanicus in Rom dennoch einen Triumphzug bekommen.

Auf einer etwa 2000 Jahre alten Schwertscheide, die Kaiser Tiberius zugeordnet wird, ist abgebildet, wie Germanicus dem Kaiser eine Staute der Siegesgöttin Victoria übergibt. In Rom wurde behauptet, Germanicus habe Germanien bis zur Elbe erobert. Eine Propagandalüge. Der vermeintliche Sieg des Germanicus über Arminius kann übrigens im etwa 25 Kilometer entfernten Osnabrück betrachtet werden. Dort wird im städtischen Theater ab dem 20. Juni Georg Philipp Telemanns Oper "Germanicus" aufgeführt. Das Libretto dazu entstand Anfang des 18. Jahrhunderts und weist einige historische Fehler auf.

Dass Germanicus einen Triumphzug in Rom bekam, lag laut Burmeister daran, dass er als Thronfolger Tiberius’ aufgebaut werden sollte. "Außerdem wollte er das Erbe seines Vaters retten, der Germanien tatsächlich bis zur Elbe erobert hatte", sagt Burmeister.

Die Familie des Vaters des Caligula und designierten römischen Kaisers bekommt einen großen Raum in der Ausstellung. Dass die Original-Büsten der Familienangehörigen, die aus London, Paris und Kopenhagen nach Bramsche ausgeliehen wurden, wie auf einem Schachbrett angeordnet sind, hat einen besonderen Hintergrund, so Burmeister. "Von den Kindern des Germanicus’ ist nur eine Tochter eines natürlichen Todes gestorben." Sein Sohn Caligula wurde ebenso von Intriganten am kaiserlichen Hof ermordet wie dessen Nachfolger Claudius und dessen Nachfolger Nero. "Sie alle bezogen sich auf Germanicus", sagt Burmeister.

Varusschlacht Rauminszenierung

Varusschlacht Rauminszenierung

Die Familie des Germanicus vergleicht der Kurator der Ausstellung mit heutigen Promi-Familien wie den Beckhams oder der von Angelina Jolie und Brad Pitt. "Die Kinder und seine Frau waren bei allen öffentlichen Auftritten dabei", berichtet er. Instinkte, die heute von Klatschblättern bedient würden, seien in der Person des Germanicus eingestanzt gewesen, so Burmeister. Er galt vielen Römern als Hoffnungsträger.

Besonders deutlich wurde Germanicus’ Ansehen nach seinem Tod. "Das gesellschaftliche Leben in Rom kam völlig zum Erliegen", so Burmeister. Ein halbes Jahr lang habe es irrationale Handlungen wie kollektive Selbstmorde gegeben, Märkte wurden nicht mehr abgehalten. Erst per Dekret konnte Kaiser Tiberius die Ordnung wiederherstellen.

Die Ausstellung "Ich Germanicus! Feldherr Priester Superstar" ist vom 20. Juni bis zum 1. November im Museum und Park Kalkriese täglich von 10:00 bis 18:00 Uhr zu sehen.

(Von Thomas Wübker, dpa/MH)

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Verschollene Telemann-Oper "Germanicus" im Theater Osnabrück (20.06.2015 – 11:29 Uhr)

Links:

http://www.kalkriese-varusschlacht.de
http://www.theater.osnabrueck.de

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