Wien/München – Zum dritten Mal nach 2006 und 2012 dirigiert Mariss Jansons am (heutigen) Freitag das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker. Der bunte Reigen aus populären Stücken der Walzer-Familie Strauß ist auch für den Letten etwas ganz besonderes. 75 Jahre nach dem ersten Konzert – damals unter der Herrschaft der Nazis – steht für ihn der weltumspannende Charakter des musikalischen Top-Events im Mittelpunkt, sagte Jansons (72) der Deutschen Presse-Agentur.
Frage: Ist solch ein Neujahrskonzert auch für Sie etwas Besonderes oder ein ganz normales Dirigat?
Antwort: Etwas Besonderes, keine Frage. Schließlich hören einem ja Millionen Menschen in aller Welt zu, weil das Konzert in mehr als 80 Länder übertragen wird. Außerdem ist Neujahr, und an diesem Tag sollten die Menschen eigentlich besonders gute Laune haben und uns mit Freude zuhören. Nicht zu vergessen den großartigen Goldenen Saal des Musikvereins mit seiner überragenden Akustik und die unvergleichlichen Wiener Philharmoniker. Das ergibt alles zusammen eine sehr festliche Mischung.
Frage: Die Tradition der Neujahrskonzerte der Philharmoniker begann vor 75 Jahren. Damals herrschten in Österreich die Nazis, und der Erlös des Konzerts ging an Nazi-Einrichtungen. Stört Sie das?
Antwort: Solch ein wunderbares Konzert mit einer solch wunderschönen Musik wie der von Johann Strauß und anderen darf man nicht politisch denken. Dieses Konzert hat im Laufe der Zeit längst die Bedeutung einer Botschaft der Völkerverständigung und des Friedens bekommen. Ich wünsche mir, dass die Leute im Sinne eines weltumspannenden Miteinanders die mitreißende Musik der Strauß-Familie und derer Zeitgenossen genießen und wir uns alle freuen, dass wir dieses außerordentliche Konzert erleben dürfen.
Frage: Braucht es eigentlich jedes Jahr einen berühmten Dirigenten wie Sie beim Neujahrskonzert? Schließlich wurden die Konzerte ja viele Jahre von dem Konzertmeister der Philharmoniker, Willy Boskovsky, geleitet. Und zwar auch sehr erfolgreich.
Antwort: Das ist eine interessante Frage (lacht). Ja, ich glaube, es braucht dafür einen erstklassigen Dirigenten. So wie auch Boskovsky einer war. Er hatte diese Musik im Blut und den Wiener Walzerton wunderbar beherrscht.
Frage: Kann man eigentlich interpretatorisch etwas Neues aus den Walzern und Märschen herauskitzeln?
Antwort: Gut, man kann die Musik nicht mit einer Symphonie von Mahler oder Brahms vergleichen. Aber man muss das nicht mechanisch herunterspulen. Es wäre ein Fehler zu sagen, das ginge mit der linken Hand. Musik von Johann Strauß beispielsweise ist nicht leicht. Das muss man dirigieren wie ein normales Konzert, nicht als Begleitungsmusik zum Tanzen.
(Die Fragen stellte Georg Etscheit, dpa)
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