Dienstag, 29. November 2011 / 23:05 – 00:05 Uhr
ARTE
Wenn der weltbekannte Klarinettist Giora Feidman und der kometenhaft aufgestiegene junge Hip-Hopper Casper die gleiche Bühne teilen und das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißen, kann es nur in der "ARTE Lounge" sein. Außerdem begrüßen die Gastgeber Marianne James und Yared Dibaba eines der renommiertesten Klavierduos überhaupt, die Schwestern Katia und Marielle Labèque sowie den erfolgreichen Solisten Nils Mönkemeyer an der Bratsche. Moderation: Marianne James und Yared Dibaba.
Die Sprache der Klarinette hat der Weltstar Giora Feidman sein ganzes wechselvolles Leben lang perfektioniert. Der 1936 als Sohn jüdischer Einwanderer in Argentinien zur Welt gekommene Musiker gilt heute als bedeutendster zeitgenössischer Interpret jüdischer Musik. Er stammt aus einer Familie von Klezmermusikern, sein erster Lehrer war sein Vater. Schon mit 18 Jahren spielte Giora im Orchester des Teatro Colón in Buenos Aires, mit 20 wechselte er als Bassklarinettist zum Israel Philharmonic Orchestra. In den 70er Jahren begann er seine Solokarriere und zog nach New York. Einem breiteren Publikum bekannt wurde er in Deutschland unter anderem durch seine Mitwirkung im Theaterstück "Ghetto" und durch Auftritte in "The Comedian Harmonists" oder "Schindlers Liste", wo er mit Itzhak Perlman die mit einem Oscar prämierte Filmmusik spielte. In seiner Musik verbindet er gekonnt traditionellen jüdischen Klezmer mit Soul, Jazz, Tangomelodien und Klassik. Leonard Bernstein urteilte einst über den großen Klarinettisten: "Lang lebe Giora, seine Klarinette und seine Musik! Er schlägt Brücken zwischen Generationen, Kulturen und Schichten, und er tut es mit vollendeter Kunst!"
"Die Times" nennt sie "the finest and chicest piano duo performing in the world". International bekanntwurden die beiden Schwestern mit ihrer innovativen Interpretation von Gershwins "Rhapsody in Blue", dafür erhielten sie eine Goldene Schallplatte. Als Töchter von Ada Cecchi erhielten Katia und Marielle Labèque seit frühester Kindheit Klavierunterricht. Ihr breitgefächertes Repertoire erstreckt sich von Bach, Brahms, Mozart, Gershwin und Bernstein über Boulez, Berio, Ligeti bis zu zeitgenössischen Komponisten, mit denen sie eng zusammenarbeiten. Die beiden Schwestern spielen mit den weltbesten Orchestern, von den Berliner Philharmonikern bis zur Filarmonica della Scala. Aus dem Bestreben heraus, eine Brücke zu schlagen, welche alle Aspekte zeitgenössischen Kunst- und Kulturschaffens verbindet, gründeten sie ihr eigenes Label. Die ebenfalls von ihnen ins Leben gerufene KML-Stiftung soll die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Künstlern unterschiedlicher Gebiete, egal ob Musiker, Tänzer, Schriftsteller oder Filmemacher, anregen.
Er ist der neue Liebling der Feuilletons. "Die Zeit" titelt: "Weniger Testosteron und mehr Romantik: Die Rettung des deutschen Hip-Hop kommt aus der Provinz und heißt Casper." Sein Album "XoXo" stürmte in diesem Sommer die Charts – und klingt so sehr nach Indie-Rock wie nach klassischem Hip-Hop. Diese ganz neue Mischung lässt sich aus der musikalischen Biografie von Benjamin Griffey alias Casper erklären. Mit Freunden gründet er als Jugendlicher eine Rapgruppe, singt dann aber in Postpunkbands, um später wieder beim Hip-Hop zu landen. Casper singt auf Deutsch, hat seine Kindheit in den USA verbracht und seine Jugend in der Bielefelder Provinz.
Wie kann man sich als Instrument für eine Solokarriere ausgerechnet die Bratsche aussuchen, ein Instrument, das schwer und sperrig ist, das tief und klagend klingt und zudem als nicht sonderlich "cool" angesehen wird? Nils hat als 17-Jähriger die Violine aufgegeben und sich für die sperrige Viola entschieden. Damals wurde für ein Kammermusikkonzert ein Bratscher gesucht, es kam zum Erstkontakt zwischen Nils und dem Instrument. "Es war", sagt er, "Liebe auf den ersten Griff". Vor allem der tiefe, satte Klang hat es ihm angetan. Solisten mit Viola auf dem Konzertpodium sind Exoten, kaum ein Komponist hat etwas für sie geschrieben. Wenn doch, ist es oft melancholisch und elegisch. Nils Mönkemeyer sieht sich als Pionier, der den schlechten Ruf seines Instruments widerlegen will. "Es gibt einfach in unserem Fach noch keine so lange Solistentradition, das hat erst mit der Generation von Tabea Zimmermann, Kim Kashkashian und Yuri Bashmet begonnen. Mittlerweile ist da aber viel in Bewegung, das wird sich auch noch weiter ändern. Ich denke, in Zukunft geht es weniger darum, welches Instrument ich spiele, sondern vielmehr um die Frage, wie wir überhaupt mit Konzertformen umgehen und die Klassik voranbringen können." Bereits 2006 wurde der heute 33-Jährige Professor für das Orchesterprogramm an der Escuela Superior de Música Reina Sofía in Madrid, ab dem Wintersemester 2011/12 lehrt er an der Hochschule für Musik und Theater München.
(pt/wa)