Oldenburg (MH) – Zack! Das silberne Schwert fährt durch die Luft. Wotan schlägt Alberich kurzerhand den Arm ab, an dessen Hand der goldene Ring prangt. Mit blutigem Stumpf, tiefer Verachtung und tosender Rache verflucht der Nibelung fortan denjenigen, der den Ring trägt. Es sind plastische und düstere Szenen wie diese, die Paul Esterhazys Inszenierung von Richard Wagners "Das Rheingold" am Staatstheater Oldenburg zu einem Gesamtkunstwerk machen.
Nach zweieinhalb spannungsreichen Stunden wurden zur Premiere am Samstagabend Regie, Orchester und Solisten umjubelt. Mit dem "Rheingold" ist am Oldenburgischen Staatstheater Wagners Zyklus "Der Ring des Nibelungen" eingeläutet worden. Erstmals in der Geschichte der knapp hundertjährigen Opernsparte des Hauses wird die gesamte Tetralogie bis zur Spielzeit 2020/21 auf die Bühne gebracht.
Der gelungene Auftakt ist mehr als vielversprechend und erhöht die Erwartungen für "Die Walküre", "Siegfried" und "Götterdämmerung". Paul Esterhazy entführt das Publikum in eine mystische Welt, die zumeist im Halbdunkel liegt. Dreh- und Angelpunkt im wahrsten Sinne ist die Bühne. Sie ist ein wahres Wunderwerk. Mathis Neidhart hat eine gigantische Drehbühne geschaffen, auf der mehr als 30 Räume Einblick in das düster-dämonische Leben im Bergbauerndorf Nibelheim geben. Hier treffen sich Rheintöchter, Riesen, Götter und Alberich.
Die Geschichte beginnt mit den Rheintöchtern Woglinde (Sooyeon Lee), Wellgunde (Anna Avakian) und Flosshilde (Julia Faylenbogen). In Waschzubern waschen sie blutige Wäsche. Hier, in der ärmlichen Waschküche, bewachen sie das Rheingold. Alberich (glänzend: Johannes Schwärsky) blitzt bei den Mädchen ab. In seiner Männlichkeit gekränkt, verflucht er die Liebe, als er gewahr wird, dass das Rheingold Demjenigen maßlose Macht verleiht, der der Liebe abschwört und einen Ring aus dessen Gold schmieden lässt.
Macht, Gier, Sorge und Fluch – der Ring treibt nicht nur Alberich um. Wotan (Daniel Moon), der Schwägerin Freia (Sarah Tuttle) als Pfand den Riesen Fasolt und Fafner (Randall Jakobsh und Ill-Hoon Choung singen und spielen beeindruckend auf Stelzen) für den Bau seiner Burg Walhall mitgeben muss, will den Ring mit allen Mitteln an sich reißen. Gemeinsam mit Feuergott Loge (hervorragend: Timothy Oliver) macht er sich auf den Weg.
Esterhazy erzählt die mythische Geschichte mit einer wirkungsvollen Mixtur aus packender Dramatik und humorvollen Spitzen. Als es Wotan gelingt, Alberich zu überlisten und dieser Dank Tarnkappe eine winzige Kröte wird, hüpft in Oldenburg eine Mütze über den Schmiedetisch. Im Sack wird der Nibelung abgeführt, es kommt zur Ring-Übergabe mit Gewalt und Verfluchung. Wotan schlägt zunächst die dunklen Prophezeiungen von Erda (brillant: Ann-Beth Solvang) aus, besinnt sich dann und übergibt den Riesen den Ring, während Ehefrau Fricka (Melanie Lang) in dem dämonischen Spektakel an einem Schal des Friedens in Regenbogenfarben strickt.
Dirigent Hendrik Vestmann und das Staatsorchester meistern die Mammutaufgabe Wagner mit einer gehörigen Portion Leidenschaft. Die intensiven, mächtigen Klangräume, die sie schaffen, ergänzen perfekt das Bühnengeschehen.
(Von Corinna Fuchs-Laubach)
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(04.02.2017 – 22:40 Uhr)
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