Plauen/Zwickau – Mit Schwarz-Weiß kann Leo Siberski wenig anfangen – weder in der Kunst noch bei der Garderobe des Theaterpublikums. "Wir konkurrieren mit Kino und anderen Freizeitevents – warum sollten die Leute nicht auch ins Theater ungezwungener gehen?", fragt sich der neue Generalmusikdirektor (GMD) des Theaters Plauen-Zwickau. Der 47-Jährige wird am (heutigen) Donnerstag mit seinem ersten Sinfoniekonzert in Zwickau die neue Spielzeit eröffnen.
Mit frischen Ideen und neuen Formaten will der gebürtige Hannoveraner mit einer Affinität für elektronische Musik dem Orchester des Dreispartenhauses seinen Stempel aufdrücken. Das Programm der Saison steht schon länger. Geplant hat es noch sein Vorgänger Lutz de Veer, der sich nach sieben Jahren als GMD verabschiedet. "Der Spielplan ist in sich schlüssig. Daran will ich nichts ändern, aber etwas Eigenes daraus machen", sagt Siberski.
Neben fünf Sinfoniekonzerten wird er drei Opern, darunter "Die Zauberflöte" von Mozart, übernehmen. Außerdem werde er zum Jahreswechsel erstmals Beethovens 9. Sinfonie dirigieren. "Das ist wie das erste Mal in die Nationalmannschaft berufen zu werden", sagt der Dirigent, der zuletzt als stellvertretender GMD und 1. Kapellmeister am Theater Kiel tätig war.
Richtig austoben wolle er sich dann ab der Spielzeit 2018/19 mit spartenübergreifenden Angeboten und Crossover-Projekten, die aber mehr zusammenbringen sollen als lediglich Klassik und moderne Musik. "Denn nur Crossover ist ja auch schon wieder Oldschool, ich würde gern ein bisschen raffinierter an die Sache herangehen."
Zunächst sei es ihm wichtig, dass er und das Orchester zusammenwachsen. "Das hat ja ein bisschen was von einer Ehe", meint der Vater eines zwölfjährigen Sohnes scherzhaft. Und in diesem Fall auch etwas von einem Comeback. Denn Siberski und das Philharmonische Orchester Plauen-Zwickau sind sich nicht ganz fremd.
Als Trompeter unter anderem in der Staatskapelle Berlin gehörte Siberski zur Weltspitze. Ganz oben angekommen, gab er alles auf und wagte mit einem Dirigierstudium einen Neuanfang, assistierte später Größen wie Daniel Barenboim, Kent Nagano oder Fabio Luisi. Das Dirigieren führte Leo Siberski quer durchs Land unter anderem nach Berlin, Düsseldorf, Görlitz, München oder Dresden und ebenfalls bereits nach Zwickau.
Aus dieser Zeit sind ihm nicht nur viele Namen und eine gute Ortskenntnis geblieben – wie Intendant Roland May im Bewerbungsgespräch positiv auffiel. Vor allem die Solidarität des Klangkörpers beeindruckt Siberski bis heute. Denn die derzeit 76 Musiker teilen sich seit der Theaterfusion 66 Planstellen – mehr gibt es aus Kostengründen nicht. Sie verzichten also für Klang und Kollegen auf Geld, denn ohne diese Anzahl von Instrumenten seien bestimmte Werke nicht spielbar, erläutert May.
Der neue GMD hatte bei Probe und Vorspiel im Frühjahr sozusagen "Heimvorteil" und habe beim Orchester, das über die Besetzung einer solchen Stelle wesentlich mitzuentscheiden hat, mit Abstand am besten abgeschnitten. "Auch wir hatten sofort einen Draht zueinander", sagt May in Richtung seines neuen Generalmusikdirektors. Rund 100 Bewerbungen seien bei ihm eingegangen und damit etwa doppelt so viele wie bei früheren Runden. Sechs Kandidaten konnten sich persönlich mit einem Kurzprogramm vorstellen.
Leo Siberski nutzte die Chance. Seine Vorstellung beeindruckte. Hinzu kam ein freier Terminkalender. Denn noch eine "Baustelle" neben der Interimslogistik aufgrund der Gewandhaus-Sanierung als wichtigster Zwickauer Spielstätte wollte May vermeiden. Nun hat der Theaterintendant zumindest auf dieser Position eine gewisse Planungssicherheit. Denn Siberski will auf alle Fälle länger bleiben. "Vielleicht nicht gleich 30 Jahre, aber irgendetwas in der goldenen Mitte jenseits von zwei Jahren."
(Von Claudia Drescher, dpa/MH)
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