Oper Stuttgart: Serebrennikow soll "Hänsel und Gretel" selbst vollenden

19. September 2017 - 17:29 Uhr

Stuttgart – Der in seiner Heimat Russland unter Hausarrest stehende Regisseur Kirill Serebrennikow (48) soll seine in Stuttgart geplante Märchenoper "Hänsel und Gretel" selbst vollenden. Man wolle ihm die Möglichkeit offenhalten, seine Inszenierung nach seiner Freilassung an der Stelle fortzusetzen, an der sie durch seine Verhaftung unterbrochen wurde, sagte Opernintendant Jossi Wieler (66) am Dienstag in Stuttgart.

Opernhaus Stuttgart

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So lange werde Serebrennikows Fassung quasi auf Eis gelegt. Kostüme, Szene oder Bühne, wie sie der Russe erdacht hat, blieben auf absehbare Zeit unangetastet. Niemand könne, dürfe und wolle seine Produktion stellvertretend zu Ende bringen, sagte Wieler. Die Hoffnung sei da, dass Serebrennikow seine Ideen dann im Rahmen einer Wiederaufnahme eventuell in der Spielzeit 2018/19 nachträglich doch noch auf die Stuttgarter Bühne bringe.

Am Premierendatum 22. Oktober wolle man dennoch festhalten. Dann werde aber etwas ganz anderes gezeigt, als bisher geplant. Mit Material, das bei den Vorarbeiten entstand, werde man im gesamten Opernteam einen Abend unter dem Titel "Hänsel und Gretel. Ein Märchen von Hoffnung und Not, erzählt von Kirill Serebrennikow" kreieren.

Wieler versprach ein "Fest der Freiheit", das dem festgehaltenen Künstler gewidmet werde. Auch eine Retrospektive der bisherigen Arbeiten des Theater-, Film-, Opern- und Ballettregisseurs sei geplant. Ebenso wie Vorträge und Diskussionen über die Schwierigkeiten von Kulturschaffenden in Russland.

Im Mittelpunkt der Premiere stehen große Teile eines von Serebrennikow vergangenes Jahr für die Stuttgarter Märchenoper in Ruanda gedrehten Spielfilms, ergänzt durch eine Dokumentation dieser Dreharbeiten. "Wir wollen an diesem Abend nicht nur das Märchen erzählen, sondern auch über unseren Erzähler, der bei seiner Erzählung unterbrochen wurde", erklärte Dramaturgin Ann-Christine Mecke. Engelbert Humperdincks Musik werde wie geplant komplett aufgeführt.

Kirill Serebrennikow, Leiter des Moskauer Avantgarde-Theaters "Gogol", steht seit 23. August und zunächst bis 19. Oktober wegen Betrugsverdachts unter Hausarrest. Demnach könne er bei der Premiere am 22. Oktober sogar in Stuttgart dabei sein. "Diese Hoffnung haben wir noch", sagte Wieler.

Die Ermittlungsbehörde wirft Serebrennikow vor, 68 Millionen Rubel (etwa eine Million Euro) staatlicher Förderungen unterschlagen zu haben. Dem Künstler sei ein Kommunikationsverbot auferlegt worden, berichtete Wieler. Kontakt sei ihm nur zu seinem Anwalt und seinen engsten Familienangehörigen gestattet.

(dpa/MH)

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