Der Musikwettbewerb TONALi Grand Prix wird im August 2012 zum zweiten Mal ausgetragen. Junge Cellisten und Komponisten können sich noch bis 17. Februar dafür bewerben (wir berichteten). Ein besonderes Anliegen ist den Veranstaltern, dass Schüler aktiv in die Organisation mit einbezogen werden. Darüber sprach das Nachrichtenmagazin musik heute mit dem Cellisten Amadeus Templeton, der zusammen mit seinem Kollegen Boris Matchin den TONALI Grand Prix gegründet hat.
musik heute: Wie ist die Idee zum TONALi Grand Prix entstanden?
Amadeus Templeton: Die Idee zum TONALi Grand Prix entstand Ende 2008. Es war die pure Lust am Experiment, die uns dazu motivierte, mal einfach einen ganz anderen, einen innovativeren Musikwettbewerb ins Leben zu rufen – einen, der ein unverkennbares Gesicht hat. Von vornherein wollten wir ganzheitlich an das Thema gehen. Ganzheitlich, um möglichst wirkungsvoll etwas für die Zukunft klassischer Musik zu erreichen.
Und dann kamen verschiedene Erkenntnisse hinzu: 1. Der Wettbewerb sollte national und nicht international sein. Wir wollten die Besten der besten jungen Musiker neu herausfordern, ihnen eine neue Messlatte bieten, sie fit machen für einen internationalen Maßstab. Und wir wollten Kräfte aufwenden, die dem hiesigen Kulturleben nachhaltig zugutekommen sollten. 2. Hamburg sollte endlich auch einen eigenen Instrumentalwettbewerb erhalten – München, Berlin, Kronberg etc. waren da ja schon seit Jahren bestens ausgestattet. 3. Wollten wir, die wir selber professionelle Musiker sind, eine Bewegung von Musikern für Musiker initiieren. Wir selber wollten wieder Verantwortung übernehmen für das Konzertleben von morgen, für die allgemeine Perspektive klassischer Musik, die ja augenscheinlich bedroht ist – zumindest was die jungen Hörer anbelangt, die ja überall in den Sälen fehlen.
Dies und viel mehr hat uns dazu bewogen, den TONALi Grand Prix mit seinen drei Säulen zu begründen: mit einem Instrumentalwettbewerb, einem Komponistenwettbewerb und einem Publikumswettbewerb.
musik heute: Welche dieser drei Säulen ist zuerst entstanden?
Amadeus Templeton: Wir beide, die wir TONALi gegründet haben, sind alte "Jugend-musiziert-Hasen". Beide waren wir oft in der Jury, und die Kinder des Kollegen Boris Matchin sind vielfache, erfolgreiche Bundespreisträger von "Jugend musiziert". Wir waren also genau im Bilde, was da von den Hochbegabten, von den solistisch ambitionierten Nachwuchsmusikern verlangt wurde. Deshalb starteten wir mit dem TONALi Grand Prix, der eine Lücke zwischen "Jugend musiziert" und den internationalen Musikwettbewerben schließen sollte. Aber schon bald reichte das nicht aus, und wir sattelten den Komponisten- sowie den Publikumswettbewerb, den TuttiContest auf.
musik heute: Wie lange hat die Vorarbeit insgesamt gedauert?
Amadeus Templeton: Bis zum ersten Grand Prix in 2010 hatten wir eineinhalb Jahre Vorarbeit. Wir verfassten unser Konzept, sicherten die Preisgelder durch eine Stiftung, erhielten die Zusage von Christoph Eschenbach, der seither unser Ehrenpräsident ist, begeisterten prominente Musiker, suchten den großen Saal der Laeiszhalle als Veranstaltungsort aus, akquirierten unser Budget, bewarben unsere Ausschreibung und freuten uns, als endlich die 12 besten Teilnehmer eingeladen werden konnten, die den ersten TONALi Grand Prix bestreiten wollten.
musik heute: Der TONALi wurde von zwei Cellisten gegründet. Warum wurde der erste Wettbewerb 2010 nicht für Cello, sondern Geige ausgerichtet?
Amadeus Templeton: Weil man ja nicht immer bei sich anfangen muss!
musik heute: Wie erfolgt die Bewerbung bzw. Auswahl der Schüler für den TuttiContest?
Amadeus Templeton: Der TuttiContest ist das eigentliche Herzstück des TONALi Grand Prix. Hier wird das junge Klassikpublikum zum Akteur, zum interaktiven Mitbestimmer für den Ausgang des Wettbewerbes. Schüler lernen Klassik zu veranstalten, sie lernen gleichaltrige Musiker zu bewerten, sie komponieren und sie konzertieren – und sie kommen ins Konzert, weil sie wollen und nicht weil sie müssen. Dem TuttiContest gelingt es, dass Schüler ihre Eltern in die Laeiszhalle bringen – und nicht umgekehrt.
Am TuttiContest können grundsätzlich alle Hamburger Schulen teilnehmen, jedoch ist die Zahl der Schulen auf 12 begrenzt, da wir jeder Schule einen Teilnehmer zuordnen. Ein Erziehungswissenschaftler der Uni Hamburg brachte das, was den TuttiContest ausmacht auf den Punkt: "Ohne das Hinhören von 'Tutti' aber bleibt das 'Solo' stumm".
musik heute: Wie waren die Reaktionen der teilnehmenden Schüler 2010?
Amadeus Templeton: Die Reaktionen waren vielfältig. Sie waren kritisch und total überschwänglich. Wir konnten zunächst knapp 500 der 1.500 verkauften Sitzplätze zählen, die im Finale durch Schüleraktivität besetzt waren. Dann gab es die besagten Eltern, die von ihren Kindern ins Konzerthaus gebracht wurden und dann gab es die, die einfach nur hin und weg waren vom faszinierenden Können der jungen Musiker. Besonders berührt waren die Schüler, wenn sie bemerken durften, dass die da auf der Bühne zwar eine besondere Fähigkeit haben, aber ansonsten genauso "normal" sind, wie sie selber auch. Ja, die Identifikation mit den Gleichaltrigen war der eigentliche Schlüssel, der den TuttiContest in seiner Idee bestätigt hatte. Schüler wollen "selber machen dürfen" – und hier durften sie.
musik heute: Und was haben die Musiker gesagt, die von Schülern gemanagt wurden?
Amadeus Templeton: Sie fanden es großartig! Es hat unseren Teilnehmern einen riesen Spaß gemacht, ihr Können in die Schulen zu tragen, ihre Musik zu präsentieren und Podiumsgespräche über klassische Musik zu führen. Sie waren nahbar, kommunikativ und stets darauf bedacht, nicht als die „spießigen Kulturstreber“ dazustehen, sondern „halt eine Sache mal etwas besser drauf zu haben“. Mit Eifer haben sie etwas über ihre Musik erzählt, über die harte Arbeit, die das Erlernen eines Instrumentes abverlangt und über die Freuden und Nöte, die sie genauso haben, wie alle anderen in dem Alter auch. Den TONALi Grand Prix haben die meisten als Kulturereignis genommen, bei dem zwar nur einer gewinnen, aber keiner verlieren konnte.
musik heute: Was bedeutet das kleine "i" im Titel TONALi?
Amadeus Templeton: Das Wort TONALi ist ein Kunstwort, es macht keinen Sinn. Vielleicht hat es etwas mit Tonalität zu tun – vielleicht aber auch nicht. Das kleine "i" hat schon einen Grund, da das "i-Tüpfelchen" halt nur beim kleinen "i" zu sehen ist – und um dieses geht es. Das "Besondere" wird gesucht, eben das, was dem Wort "TONAL" durch das "i" hinzugefügt wird. Wir sind verspielte Kreative – man muss das alles nicht zu wörtlich nehmen (lacht).
musik heute: Wie haben Sie die unterstützenden Musiker mit ins Boot geholt?
Amadeus Templeton: Die Musikerszene ist eine kleine Szene. Im Grunde kennt man sich, oder man kennt jemanden, der jemanden kennt. Und da Christoph Eschenbach sich sehr früh als Unterstützer des TONALi Grand Prix öffentlich positioniert hat, war es letztlich leicht, Verantwortungsträger aus der Szene für unsere Förderinitiative TONALi zu begeistern, sie zu involvieren und zu Mitstreitern einer neuen Bewegung zu machen, die gemäß unseres Slogans "Der Zukunft Gehör verschaffen" will.
musik heute: Es gibt 12 Teilnehmer beim Instrumentalwettbewerb und 12 Schulen beim TuttiContest – hat die "12" eine besondere Bedeutung?
Amadeus Templeton: Ja. Beim ersten Mal hatten wir drei Runden, die innerhalb von drei Tagen einen Gewinner küren sollten. Am ersten Tag waren es 12 Teilnehmer, am zweiten sechs und im Finale standen dann drei – mehr waren einfach logistisch nicht unterzubringen. 12 Schulen sollten es sein, da jeder Teilnehmer eine Patenschule erhält.
Nun wird der Grand Prix im Sommer 2012 stattfinden, aber auch an dieser Stelle noch spannender, da wir einen zweigliedrigen Wettbewerb haben werden, bei dem die erste Runde über drei Tage läuft und jeweils ein anderes Motto hat. Erst am Abend des dritten Wertungstages entscheidet die Jury dann, wer in das Finale darf, in dem dann unter anderem das Publikum per sms-Voting über Publikumspreise abstimmen wird.
(Die Fragen stellte Wieland Aschinger.)