Lampenfieber – Fluch und Segen der Bühne

05. März 2013 - 08:02 Uhr

Sonntag, 10. März 2013 / 08:50 – 09:20 Uhr
SWR-Fernsehen

Dokumentation (Deutschland 2008) Das Leben eines Musikers ist wunderbar. Den ganzen Tag hört man Musik, sie schwingt in den Ohren, fließt durch die Venen und massiert das Gehirn. Man ist umgeben von Mozart, Schubert und Strauß und wird für etwas bezahlt, was andere sich viel kosten lassen. Die Menschen lieben einen, denn man bringt Freude in ihr Leben. Aber für den Musiker ist die Musik auch Arbeit. Und diese verlangt von ihm eine ständige Auseinandersetzung mit etwas, das manche brauchen und andere verzweifelt bekämpfen: das Lampenfieber.

Hélène Grimaud

Überwiegt das Lampenfieber, kommt es zur Aufführangst. Etwa ein Viertel aller Musiker leidet darunter. Es ist zunächst eine banale chemische Reaktion. Das Herz schlägt dem Künstler zwar bis zum Hals, doch das Lampenfieber entsteht im Gehirn. Botenstoffe werden ausgeschüttet, Rezeptoren blockiert. Es kommt zu Herzklopfen, erhöhtem Blutdruck, Schweißausbrüchen und Müdigkeit. Angst und Aufregung erhöhen den Muskeltonus und können zu Verkrampfungen bis hin zu motorischen Blockaden führen, Feinmotorik und Bewegungsabläufe werden gestört. Im Gehirn sausen Impulse wie in einer Achterbahn. Der Künstler ist nicht mehr in Kontrolle. Gelingt es ihm, dieses Chaos zu kanalisieren, wird er großartig, gelingt es nicht, droht das Versagen.

In dem Film von Marieke Schroeder und Torben Schmidt sprechen bekannte und unbekannte Künstler über ihr Lampenfieber und ihre Methoden, dagegen anzukämpfen. Man kann sich das Publikum nackt vorstellen, das macht es weniger einschüchternd. Oder man fällt beim Betreten der Bühne hin. Dieser Trick ist vielleicht etwas seltsam, aber er funktioniert. Er rettete den Pianisten Vladimir Feltsman bei einem seiner ersten Auftritte in Moskau. Der Cellist Mstislav Rostropovich stellte ihm ein Bein, um die Panik zu vertreiben. Feltsman erinnerte sich: Meine ganze Angst war weg. Ich war bereits gefallen. Was konnte also noch passieren?

"Lampenfieber" zeigt die dunkle Seite der Bühne, die Verzweiflung, Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit. Er führt ins Rampenlicht, in die Scheinwerferkegel, die manche brauchen, um zu Höchstform aufzulaufen. Lampenfieber gehört für Musiker dazu und kann in positiver Weise Spannung und Konzentration beim Konzert steigern. Nur Fluglotsen und Notärzte leiden mehr unter Stress als Musiker.

(pt/wa)

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