Montag, 22. April 2013 / 23:15 – 00:10 Uhr
WDR-Fernsehen
Dokumentation (Deutschland 2012) Als Kind hat Andris Nelsons nachts in der Schule Trompete geübt, bis er blutige Lippen hatte. Als Jugendlicher studierte er Gesang, lernte Taekwondo und wurde Orchester-Trompeter. Mit 24 Jahren ernannte ihn die Lettische Nationaloper in Riga zum Generalmusikdirektor. Jetzt wird er als potentieller Nachfolger von Sir Simon Rattle als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker gehandelt. Er stecke Orchesterseelen in Brand, heißt es über den heute 34-jährigen Dirigenten Andris Nelsons.
Wer ist dieser Mensch, der so früh eine so erstaunliche Karriere macht? Regisseurin Astrid Bscher hat Nelsons zwei Jahre lang begleitet und einen rasanten Film gedreht. Auftritte reihen sich aneinander, Konzert- und Probenorte wechseln in rascher Folge. Kurze Episoden zwischen dem künstlerischen Schaffen zeigen Nelsons' Heimatstadt Riga, seine Ausbildungsstätten an der lettischen Musikakademie und in St. Petersburg und natürlich die Familie. Das Leben – tempo- und abwechslungsreich, wie es zu einem modernen Dirigenten passt oder einen solchen ausmacht.
Überraschend ist sein unglaubliches Engagement bei den Probenarbeiten. Witzig, temperamentvoll, leidenschaftlich ist er dabei und reißt die Musiker mit. "Es gibt nichts Halbes, auch in der Probe nicht. Er ist immer voller Intensität", sagt der Trompeter Hokan Hardenberger über den Dirigenten. "Wirklich jeder, jeder Ton in der Partitur wird Musik. Mit ihm hat alles Gewicht". Vermutlich ist das das Geheimnis seines Erfolgs, warum die Orchester so gerne mit ihm arbeiten und das Publikum in liebt.
Astrid Bscher ist mit dem spannenden, jungen Künstler nach Lettland gereist, hat seine Eltern, Weggefährten und Kollegen getroffen sowie seine Lebensgefährtin, die Sopranistin Kristine Opolais, die er in der Zeit geheiratet hat. In ihrem Film zieht die Regisseurin kaum eine Trennline zwischen dem Dirigenten Andris Nelsons und dem Menschen Andris Nelsons. Ihr Porträt zeigt, wie sich Erlebtes in der Musik widerspiegelt, wie ein ernsthafter, junger Mensch mit dem Hype um seine Person umgeht, wie er daran wächst und sich weiterentwickelt.
(tr/pt/wa)