Eigentlich deutet alles darauf hin, dass der Berliner Komponist und Organist August Wilhelm Bach (1796-1869) mit dem Komponisten und Organisten Johann Sebastian Bach (1685-1750) verwandt war.
Zum Einen ist die Zahl der Musiker in der Bach-Familie enorm groß. Schon Stammvater Veit Bach (ca. 1550 – 1619) hatte bei der Arbeit als Müller auf der "Cythringen" gespielt, einer Art Zither. "Dieses ist gleichsam der Anfang zur Musik bey seinen Nachkommen gewesen", schrieb sein Ururenkel Johann Sebastian Bach später. Bis ins 19. Jahrhundert hatten fast 100 "Bache" musikalische Berufe, viele waren Organist und/oder Komponist, Kantor oder Stadtpfeifer.
Das berühmteste und einflussreichste Mitglied dieser Familie ist Johann Sebastian Bach. Unter seinen 20 Kindern gingen vor allem vier als "Bachsöhne" in die Musikgeschichte ein. Einer davon, Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788), lebte über 20 Jahre lang in Berlin. In dieser Zeit erhielt er den Beinamen "Berliner Bach". Und ein Enkel Johann Sebastian Bachs, der Komponist Wilhelm Friedrich Ernst Bach (geb. 1759), lebte von 1789 bis zu seinem Tod 1845 in Berlin.
August Wilhelm Bach wurde am 4. Oktober 1796 in Berlin geboren, wo er am 15. April 1869 starb.
Für August Wilhelm Bach als Mitglied der weitverzweigten Familie Bach sprechen also neben dem Namen auch die Zeit und der Ort. Einer seiner Lehrer, Johann Philipp Kirnberger, war sogar selbst Schüler des großen Bach. Man spricht in dem Fall von einem "Enkelschüler". Zudem war August Wilhelm Bach Organist, Orgelsachverständiger, Kirchenmusiker, Komponist, Pädagoge und hat sich intensiv mit dem Werk Johann Sebastian Bachs beschäftigt.
Und doch ist er kein Mitglied der riesigen Bach-Familie. "Wenn August Wilhelm Bach tatsächlich mit dem Thomaskantor verwandt gewesen wäre, hätte der Berliner Organist es allein aus Publizitätsgründen bereitwillig mitgeteilt", stellte der Musikwissenschaftler und Orgelspieler Andreas Sieling fest *).
Einer der Schüler von August Wilhelm Bach war übrigens ab 1820 Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847). Dieser Komponist, Pianist und Organist war es, der 1829 die Wiederaufführung der Matthäus-Passion leitete – 100 Jahre nach ihrer Entstehung. Ihm verdanken wir die Renaissance der beim Publikum damals vergessenen Werke von Johann Sebastian Bach.
(wa)
*) Andreas Sieling: "August Wilhelm Bach (1796 – 1869): Kirchenmusik und Seminarmusiklehrerausbildung in Preussen im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts", Studio-Verlag Köln 1995, ISBN 3-89564-016-6