Sonntag, 31. August 2014 / 18:30 – 19:15 Uhr
ARTE
Musik (Deutschland 2011) Hille Perl spielt seit ihrem fünften Lebensjahr Gambe. Die Solistin, eine der führenden weltweit, liebt den satten, bodenständigen und doch silbrig-feinen Klang des Streichinstruments. Die Gambe ist, wie sie sagt, kein "Machoinstrument", sondern ein individualistisches und scheues Instrument. Und sie ist ganz und gar kein Modeinstrument. Lange Zeit war sie in Vergessenheit geraten und nur noch in Liebhaberkreisen der Alten Musik zu hören. Doch Hille Perl, die rund 180 Tage im Jahr mit ihrem Instrument unterwegs ist, holt den Vorläufer des Cellos aus dem Schatten der anderen Streichinstrumente ins Licht.
Im Jahr 1740 verfasste der französische Musiker und Gelehrte Hubert Le Blanc ein Traktat, in dem er die Gambe als die "Königin der Streichinstrumente" gegen die gerade in Mode gekommene Violine, die Le Blanc als "quietschenden Pygmäen" beschreibt, und gegen das "entsetzlich prätentiöse" Violoncello verteidigt. Trotzdem verschwand die Viola da gamba mit dem Ende der Barockzeit für Jahrhunderte aus dem täglichen Musikleben und fristete ein Nischendasein unter Liebhabern der Alten Musik.
Erst heutige Virtuosen haben das Instrument wieder aus seinem Dornröschenschlaf erweckt – allen voran der katalanische Altmeister Jordi Savall und die deutsche Gambistin Hille Perl. Die gebürtige Bremerin spielt seit ihrem fünften Lebensjahr Gambe. Seitdem ist sie dem Instrument, wie sie sagt, verfallen wie in einer Liebesbeziehung. Sie schwärmt vom erdigen und doch durchsichtigen Klang, der ebenso zart wie voll sein kann, vom eigenen und so ganz unterschiedlichen Charakter jedes ihrer oft prächtig verzierten Instrumente.
Hille Perl ist mit unterschiedlichsten Ensembles und Orchestern weltweit auf Tour: als Duo mit ihrem Mann, dem Lautenisten Lee Santana, mit der improvisationsfreudigen Truppe Los Otros, mit dem Freiburger Barockorchester oder ihrem Gambenconsort Sirius Viols. In Salzburg wirkt sie bei Sir Simon Rattles Matthäus-Passion mit, in Bologna spielt sie Bach mit Claudio Abbado. Für ihre CD-Einspielungen wurde Hille Perl mehrfach mit dem ECHO ausgezeichnet.
Die Dokumentation von Christian Kurt Weisz zeigt die ganze musikalische Bandbreite des Instruments und der Virtuosin Hille Perl. Zum einen bietet bei Plattenaufnahmen mit dem Freiburger Barockorchester und dem Blockflötensolisten Han Tol das Doppelkonzert von Georg Philipp Telemann barocke Virtuosenkunst. Zum anderen entführt Hille Perl mit ihrem Ensemble Los Otros bei einem Konzert auf Schloss Maretsch in Bozen in die faszinierend frische Klangwelt der Renaissance: rhythmisch, mitreißend, improvisationsfreudig und hochvirtuos.
(pt/wa)