Von Wieland Aschinger, Herausgebender Redakteur
Im krassen Gegensatz zu den großartigen Leistungen der Künstler beim "Eurovision Young Musicians" 2014 stand dessen öffentliche Präsentation, vor allem des Finalkonzerts. Die zeitversetzte TV-Übertragung lief nicht etwa im Ersten – da kam eine Volksmusikshow – sondern in einem Dritten Programm. Gegenüber den Endlossendungen beim Eurovision Song Contest wurden der "klassischen Schwester" (WDR-Formulierung) gerade einmal zwei Stunden Sendezeit eingeräumt. Und lieblos abgespult, wie die Beiträge aufeinander folgten, war man sogar zehn Minuten vor dem Plan am Ende. "Großflächige Übertragung" nannte das der Sender vor wenigen Tagen.
Nicht einmal jeder Teilnehmer wurde überhaupt angesagt. Geschweige denn etwas über die abwechslungsreichen Musikstücke erläutert. Lediglich kurze Videoclips wurden vor den Auftritten eingeblendet, in denen die Musiker kaum mehr als Name, Alter, Instrument und Herkunftsland sagen konnten. Was hätte man dagegen in kleinen Interviews alles erfahren können… Von der 16-jährigen Pianistin Livyka Shtirbu-Sokolov aus Moldawien etwa, dass das Klavierkonzert, aus dem sie einen Ausschnitt gespielt hat, von ihrem Vater komponiert wurde. Oder von dem slowenischen Pianisten Urban Stanič, dass er neben der Musik mehrfacher Landesmeister in Mathematik und Logik ist. Und der zwölfjährige Akkordeonspieler Martin Kot aus Tschechien, zu dessen Hobbies Englisch- und Deutschlernen zählt, hätte wohl sogar der merklich überforderten Moderatorin aushelfen können.
Diese hätte die Jugendlichen auch fragen können, wie lange sie sich schon mit Musik beschäftigen, wie viele Stunden sie täglich üben und was sie an Klassik begeistert. Was für eine wunderbare Gelegenheit, ihre Altersgenossen zu erreichen. Stichwort: Bildungs- und Kulturauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender.
Anstatt aber den jungen Künstlern und ihren beeindruckenden Talenten eine große Bühne zu bieten, hat man sie regelrecht darüber hinweggejagt. Diese Nummernabfolge war frustrierend für Musik-Fans und nichtssagend für Klassik-Unerfahrene.
Insgesamt wirkte die Veranstaltung wie eine lästige Pflicht, die man bloß schnell hinter sich bringen wollte. So wurde praktisch keine Werbung für den "Eurovision Young Musicians" gemacht. Zwar gab es Beiträge im Kulturradio WDR3, aber der Jugendwelle 1Live waren die jugendlichen Musiker keine Erwähnung wert. Und die Pressearbeit bestand im Wesentlichen aus einem Fototermin. Lediglich auf der EYM-Website konnte – wer es denn wusste – den Wettbewerb verfolgen. Selbst potentielle Zuschauer der TV-Übertragung beklagten sich auf Twitter, dass sie erst während des Finales davon erfahren hatten. Kein Wunder also, dass das Konzert (laut quotenmeter.de) nur einen Marktanteil von 1,4 Prozent hatte, bei den 14- bis 49-Jährigen sogar unter 0,7 Prozent.
Diese Musiker haben mehr verdient.
Link:
© musik heute. Alle Rechte vorbehalten – Informationen zum Copyright